1. November 2007

Call for Papers: MONOTHEISMUS UND MESSIANISMUS. Hermann Cohen zum 90. Todestag

26.-29. Juni 2008
Arnoldshain/Ts.



„Dies ist der allgemeinste Sinn der Offenbarung: dass Gott in Verhältnis tritt zum Menschen.”

„Der Monotheismus gipfelt im Messianismus, aber sein Schwerpunkt liegt in dem Verhältnis zwischen Gott und dem Individuum.“


Hermann Cohen, Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums



Anlässlich des 90. Todestages des Begründers der Marburger Neo-Kantianischen Schule Hermann Cohen sowie des 10-jährigen Bestehens der Hermann-Cohen-Akademie für Religion, Wissenschaft und Kunst (Buchen/Odw.) wollen wir uns der Frage der Verbindung von Monotheismus und Messianismus widmen, um dem jüdischen Beitrag zur europäischen Geistesgeschichte auf den Spuren Hermann Cohens nachzugehen.

Bei Hermann Cohen finden wir nicht nur zum ersten Mal einen systematischen Versuch, das Judentum mit der Ethiko-Theologie Kants in Einklang zu bringen, sondern zugleich eine grundsätzliche Vernunftkritik aus den Quellen des Judentums, die durch ihre neue Verbindung zwischen Ethik und Religion in einem messianischen Universalismus gipfelt.
Durch die Einführung des Begriffs der Korrelation führt Cohen ein neues Verständnis von Gott wie auch vom Menschen ein: „... nicht Gott allein und an sich, sondern nur in Korrelation zum Menschen, wie freilich daher auch gemäß der Korrelation: nicht der Mensch allein, sondern immer zugleich in Korrelation mit Gott.“ (Hermann Cohen, Der Begriff der Religion im System der Philosophie, Bd. 2, Giessen 1915, S. 32) Der Inhalt dieser Korrelation als menschliche Erkenntnis der göttlichen Intention als ethisches Mandat findet Cohen beim Propheten Micha: „Es ist dir gesagt worden, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir erwartet.“ (Mi 6,8) „Was das Gute sei, soll der Gott verkünden.“ (ebd., S. 33) Das Gute tun als Ausdruck der praktischen Vernunft ist hier aber mehr als bei Kant. Es beinhaltet eine Transformation des Menschen in die Menschheit: die Vorwegnahme der Zukunft, als eine messianische Menschheit, und damit die Antwort auf die dritte Kantische Frage – nach den Fragen nach dem Wissen und nach dem Sollen - bezüglich der Hoffnung. Die Zuversicht auf die Zukunft der Menschheit ist eingebettet in die Hoffnung, nicht jenseits der Geschichte, sondern im Verhältnis des Menschen zum Mitmenschen, der, wie du, Mensch ist. „Liebe deinen Nächsten, er ist wie du.“ Die Korrelation zeigt sich somit als ethisches Verhältnis.
Für Cohen bilden diese Erkenntnisse den Rahmen seiner Existenz als Jude und als deutscher Philosoph, und sein Streben ist danach ausgerichtet, seine Ethik mit den Quellen des Judentums in Übereinstimmung zu bringen. Cohen beschreibt diese Tradition als „messianische Religion“, die einen neuen Zeitbegriff beinhaltet: die Zukunft – „Sie allein erfüllt die Zeit, sie allein macht die Zeit lebendig, wahr und gehaltvoll.“ (ebd., S. 34)
Der Gott, der mir gebietet, ist größer als das ethische Gesetz in mir, und diese Konfrontation bildet den Kern der religiös-ethischen Korrelation zwischen Mensch und Gott in Cohens Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums. Versöhnung und Liebe sind es, die den Menschen von der Abstraktion der Ethik retten; hier liegt die Sicherheit und die menschliche Einsicht, dass am Ende das Gute in der Welt siegen wird. Monotheismus und Messianismus haben somit ihren Schwerpunkt im Verhältnis zwischen Gott und dem Individuum.
In diesem Sinn ist der für Hermann Cohen wichtige Spruch Rabbi Akibas „Heil euch Israel, vor wem werdet ihr gereinigt und wer reinigt euch, euer Vater im Himmel“ im Logo der Hermann-Cohen-Akademie für Religion, Wissenschaft und Kunst eingeschrieben.

Im ersten Teil unserer Konferenz wollen wir uns dem historischen, sozialen und kulturellen Kontext von Deutschtum und Judentum und dem Aufkommen der Wissenschaft des Judentums im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert widmen und untersuchen, welchen Ort das Gesamtœuvre Hermann Cohens als Kritik des Kulturprotestantismus einerseits und des Zionismus andererseits einnimmt.
Der zweite Teil soll Hermann Cohens Kantrezeption im Spannungsfeld von Religion und Philosophie wie auch von Ethik und Geschichte thematisieren.
In einem dritten Teil möchten wir die Verbindung von Monotheismus und Messianismus in Tradition, Moderne und Post-Moderne diskutieren, insbesondere die Frage nach einer kontextuellen Politischen Hermeneutik im Zeitalter der Globalisierung und der Wiederkehr von Religion und Nationalismus.
Der letzte Teil soll die Rezeptionsgeschichte Hermann Cohens bei Ernst Bloch, Franz Rosenzweig, Martin Buber, Margarete Susman, Gustav Landauer, Emmanuel Lévinas u.a. in Zusammenhang mit dem Gesamtthema der Tagung untersuchen.


Konferenzsprachen: Deutsch und Englisch

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